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Das schlafende Grab

Türks erster Fall

Erschienen am 01.03.2004
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783442731695
Sprache: Deutsch
Umfang: 240 S.
Format (T/L/B): 1.7 x 18.8 x 11.9 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

In München gastiert der Zirkus "Cirque Gitane". Atemberaubende Reiterspiele und akrobatische Darbietungen begeistern das Publikum. Da wird einer der Artisten in seinem Wagen ermordet. Sein Partner, wie der Tote Angehöriger einer ungarischen Sinti-Familie, verschwindet spurlos. Joseph Türk, Kommissar bei der Kripo München, nimmt die Ermittlungen auf. Sie führen ihn zunächst zu einem unauffälligen Häuschen in Trudering, wo ein weiterer Toter auf ihn wartet - und schließlich zu einem Jahre zurückliegenden Verbrechen, das jetzt in großem Stil gesühnt werden soll. Robert Hültner ist einer der profiliertesten Krimiautoren Deutschlands. Er ist vielfach preisgekrönt und hat mit seinen Inspektor-Kajetan-Krimis aus den zwanziger Jahren einen Klassiker geschaffen. "Das schlafende Grab" ist Auftakt einer neuen Serie rund um den Münchner Kommissar Türk.

Leseprobe

Es war wieder soweit. Als Türk aus den Augenwinkeln mitbekam, wie Kollege Baier mit Nachdruck den Gang einlegte, ungewohnt bedächtig beschleunigte und - ganz der Musterpolizist aus einem Werbefilm für arglose Schulabgänger - betont aufmerksam die wenigen Passanten musterte, die sich auf dem von der Gluthitze der letzten Tage wellig gewordenen Gehweg in Richtung des Truderinger Einkaufszentrums schleppten, als wäre es ihm möglich, unter ihnen jene herauszupicken, die einen Überfall planten, da wusste er, was kommen würde. Und er lag auch diesmal nicht daneben. In beiläufigem Ton sagte Baier: »Nicht, dass mich deine Geschichten interessieren.« Ein Seitenblick streifte seinen Beifahrer. »Aber von einem neuen Kollegen will man halt doch das eine oder andere wissen. Verständlich, oder?« »Hm«, machte Türk. »Oder nicht? Bist eigentlich Kripohauptmeister, stimmt's?« »Das weißt du?« Wer es wollte, hätte dem Ton dieser Bemerkung entnehmen können, dass Türk auch dieses Mal nicht in der Laune war, sich über die Gründe für seine Degradierung auszulassen. Polizeimeister Alfred Baier jedoch war keiner, der die Flinte so schnell ins Korn warf. »Hör mal, Türk.« Er rang sich ein komplizenhaftes Grinsen ab. »Ich bin nicht neugieriger als andere. Aber wenn der Datenschutz schon draußen in der Welt ein Witz ist, dann ist er es bei der Polizei gleich dreimal.« »Kann sein«, räumte Türk ein. »Kann nicht sein, ist so«, korrigierte Baier ungehalten. »Hast ja Recht, Ali.« Baier brummte etwas Unverständliches. Wieder vergingen einige Minuten, in denen Türk demonstrativ den Straßenrand fixierte. Das Trottoir war breiter geworden. Die Zeile niedriger, gleichförmiger Wohnhäuser hatte sich in eine Reihe von Geschäftsgebäuden verwandelt, die von unbebauten Parzellen unterbrochen wurde, von drahtigem Gestrüpp überwuchert und von den Anrainern als Mülldeponie missbraucht. Baier feilte währenddessen an einer neuen Strategie, wie er seinen Kollegen zum Sprechen bringen könnte. In der 29er-Inspektion brodelte die Gerüchteküche seit Wochen, was die Gründe für die Degradierung des neuen Kollegen betraf. Keinem, der bereits einmal mit Türk die Schicht geteilt hatte, war es bisher gelungen, von ihm Genaueres über die Hintergründe seiner Strafversetzung zu erfahren, und noch verblüffter registrierte man, dass der Neue unter seinem Rauswurf bei der Kripo gar nicht zu leiden schien. »Erst bei der Kripo und jetzt Streife.« Baier versuchte, seine Worte mit einem Ton solidarischer Empörtheit zu unterlegen. »Wegen der winzigsten Sache wird heutzutag schon ein Aufstand gemacht. Dabei kann doch jedem mal ein Fehler passieren.« »Kann sein.« »Und immer geht's bloß gegen die, die jeden Tag ihre Knochen hinhalten müssen. Wenn sich von denen da oben mal einer einen Pfusch leistet, dann gibt's hunderttausend Erklärungen und Entschuldigungen.« »Werden wir zwei nicht ändern, Ali.« Baier nickte grimmig. »Bist gar nicht sauer deswegen? Ich wär's. Und wie.« »Sauer wegen was?« »Wegen was!«, fuhr Baier ärgerlich auf, um sofort wieder den Verständnisvollen zu mimen. »Dass du nicht mehr bei der Kripo bist und jetzt als Polizeiobermeister ein paar Hunderter weniger in der Tasche hast.« »Es ist halt, wie's ist, Ali.« »Aber unter Karriere versteht man was anderes«, bohrte Baier weiter. »Musst doch zugeben.« »Kann sein.« Die Verkehrsampel schaltete auf gelb. Mit einem ärgerlichen Grunzen registrierte Baier einen schmutzstarrenden Opel, dessen Fahrer aufs Gas gestiegen war und mit hörbar klingelnden Ventilen vorbeibrauste. Er fingerte eine Pepsi aus dem Seitenfach und nahm einen Schluck. »Kannst mir wirklich glauben, dass es mir egal ist, wieso sie dich herabgesetzt haben.« Er wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. »Und es gibt auch keinen in der Inspektion, der was an dir auszusetzen hätt. Kannst mir echt glauben.« »Tu ich, Ali.« Baier drückte das Gas wieder durch. »Sag, hast mal einen zu hart angepackt? Ist dir mal die Hand ausgerutscht? Oder so was?« »Nein.« Jo Leseprobe