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Abgrund

Roman

Erschienen am 05.05.2008
8,95 €
(inkl. MwSt.)

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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783453524460
Sprache: Deutsch
Umfang: 494 S.
Format (T/L/B): 3.2 x 18.8 x 11.8 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

„Mit Abgrund erforscht Peter Watts eine uns unbekannte Welt – und er tut das so spannend, dass man das Buch nicht mehr aus der Hand legen kann.“ Publishers Weekly „Peter Watts ist einer der besten SF-Autoren unserer Tage. Es wäre ein Fehler, ihn nicht zu lesen!“ Interzone

Autorenportrait

Peter Watts hat lange Jahre als Unterwasser-Biologe gearbeitet, bevor er sich ganz dem Schreiben widmete. Mit seinen Romanen "Blindflug" und "Abgrund" hat er Leser wie Kritik begeistert. Er lebt in Toronto.

Leseprobe

Auftakt Ceratius Die Tiefe sollte einem eigentlich die Sprache verschlagen. Seit Millionen von Jahren ist kein Sonnenstrahl mehr in diese Gewässer vorgedrungen. Hier herrschen mehrere hundert Atmosphären Druck, und die Tiefseegräben könnten ein Dutzend Berge vom Kaliber des Mount Everest verschlucken, ohne auch nur aufzustoßen. Das Leben selbst soll in der Tiefsee seinen Anfang genommen haben. So heißt es jedenfalls. Die Geburt kann nicht leicht gewesen sein, gemessen an den Lebensformen, die heute noch dort ihr Dasein fristen: monströse Geschöpfe, die durch den ungeheuren Druck, das fehlende Licht und den ständigen Mangel an Nahrung zu albtraumhaften Gestalten verformt wurden. Selbst hier, im Innern des Tauchboots, lastet die Tiefe auf einem wie das Gewölbe einer Kathedrale. Dies ist kein Ort, an dem man lauthals irgendwelchen Unsinn von sich geben würde. Wenn man überhaupt spricht, dann mit leiser Stimme. Aber die Touristen scheint das nicht weiter zu stören. Joel Kita ist an die Atemgeräusche des Tauchboots gewöhnt und kennt jeden seiner Klick- und Zischlaute. Er verlässt sich auf diese Geräusche; die Anzeigen bestätigen nur, was er dem Gluckern in den Eingeweiden des Gefährts ohnehin schon entnommen hat. Doch die Ceratius ist ein Vergnügungsboot, vollständig isoliert und mit besonders hoher Decke und Klappsesseln ausgestattet sowie mit kleinen Spendern für Erfrischungen und Rauschmittel, die in die Rückenlehnen der Sitze eingelassen sind. Heute hört Joel nur das Geschwätz der Fracht. Er wirft einen Blick über die Schulter. Die Reiseleiterin, eine Hinderin mit einem Zebra-Haarschnitt, etwa Mitte zwanzig - sie heißt Preteela irgendwas -, schenkt ihm ein rasches, entschuldigendes Lächeln. Sie ist ein Auslaufmodell und sich dessen nur zu bewusst. Mit der Computer-Bordbibliothek kann sie nicht mithalten. Sie hat keine 3-D Animationen mit Allround-Soundtrack zu bieten. Eigentlich ist sie nur ein Requisit. Sie wird nicht dafür bezahlt, dass sie etwas Sinnvolles tut, sondern gerade dafür, dass sie nichts tut. Wozu ist man schließlich reich, wenn man sich immer nur das Nötigste leistet? Es sind acht Passagiere. Ein älterer Herr an die hundert in einer Latzhose, der an den Knöpfen seiner Kamera herumfummelt. Die anderen haben Headsets auf, in denen ein Programm abläuft, das darauf konzipiert wurde, die Passagiere während des Abstiegs zu beschäftigten, ohne sie jedoch so sehr zu beeindrucken, dass sich bei ihrer Ankunft am Zielort womöglich Enttäuschung breitmacht. Eine schwierige Gratwanderung heutzutage. Joel wünscht sich allerdings, das Programm wäre ein wenig interessanter, denn wenn sich die Passagiere darauf konzentrieren würden, würden sie vielleicht endlich die Klappe halten. Aber wahrscheinlich ist es ihnen ohnehin gleichgültig, ob die Meeresungeheuer an der Channer-Quelle dem ganzen Rummel gerecht werden, der um sie gemacht wird. Diese Leute sind nicht hier, weil die Tiefsee so beeindruckend ist, sondern weil die Reise hierher so unglaublich viel kostet. Er wirft einen Blick auf das Steuerpult. Selbst das wirkt überdimensioniert: Die Steuerungen für die Klimaanlage und die Unterhaltungsmedien an Bord nehmen gut die Hälfte der Konsole ein. Gelangweilt wählt er irgendeines der Programme, die in den Headsets laufen, klinkt sich ein und öffnet ein Fenster auf dem Hauptbildschirm. Ein Holzschnitt von einem Kraken aus dem achtzehnten Jahrhundert erwacht dank der Wunder der modernen Animation zum Leben. Grob gezeichnete Tentakel schlingen sich um die Masten einer Galeone und ziehen sie unter die kantigen Wellen. Eine weibliche Stimme, die darauf abgestimmt ist, die Aufmerksamkeit beider Geschlechter zu fesseln, erklärt dazu: 'In unserer Vorstellung sind die Meere schon immer von Ungeheuern bevölkert gewesen.' Joel klinkt sich wieder aus. Mr. Latzhose kommt zu ihm und legt ihm von hinten vertraulich eine Hand auf die Schulter. Joel widersteht dem Drang, sie abzuschütteln. Das ist ein weiteres Problem bei diese Leseprobe